Biografie
Durch den charmanten Kinohit "Willkommen bei den Sch'tis" (2008) wurde Dany Boon über die Grenzen seines Heimatlandes bekannt. Die Komödie über einen Postbeamten, der vom sonnigen Süden Frankreichs in die regnerische Normandie strafversetzt wurde, zog im Entstehungsland mehr als 20 Millionen Zuschauer in die Kinos und auch das deutsche Kinopublikum schloss die sympathische Komödie und ihre Hauptdarsteller ins Herz. Den Part des strafversetzten Beamten übernahm Kad Merad. Schnell erkennt er, dass die Vorurteile, die Franzosen allgemein gegen die Bewohner der nördlichen Gegenden der "Grand Nation" hegen, nicht haltbar sind und dass die Menschen - abgesehen von ihrem scheußlichen Dialekt, den man "Sch'ti" nennt - nett sind. Dany Boon übernahm nicht nur die Rolle des schwer verständlichen Antoine Bailleul, sondern zeichnete auch für Regie und Drehbuch verantwortlich. Ein Bombenerfolg - nicht nur an den Kinokassen, sondern auch bei den Kritikern.
Dass Dany Boon in "Willkommen bei den Sch'tis" nur bedingt eine Rolle spielte, ist den wenigsten deutschen Zuschauern bekannt. Seine gesamte Karriere baute er auf der Tatsache auf, dass er der geborene Clown ist und von Haus aus Sch'ti spricht. Schnell wurde der Dialekt Bestandteil seiner Arbeiten und Kabarett-Programme. Als 17-Jähriger begann er ein Studium an einer belgischen Kunstschule. Dabei orientierte er sich mit seinen Projekten stark an seinem eigenenen nordfranzösischen Hintergrund und pflegte stets seine regionale Herkunft. Nach einigen Auftritten in kleineren Theatern im Norden der Republik versuchte er mit 23 Jahren sein Glück in Paris. Auch dort stand er zunächst auf kleineren Bühnen und präsentierte seine darstellerische Kunst auf der Straße. Zeitgleich begann er eine Arbeit als Grafikdesigner in einem Animationsstudio.
Erste Erfolge als Darsteller bzw. Komödiant konnte er 1993 verzeichnen. Nach einigen vielversprechenden Auftritten bei diversen Festivals traf er Patrick Sebastien, der sich darum kümmerte, dass Dany Boons Karriere professioneller wurde. Von da an war er regelmäßig mit seinen Sketchen und Kabarett-Programmen im französischen Fernsehen zu sehen. Sein Filmdebüt gab er schließlich 1994 in "Le grand blanc de Lambaréné", es folgten die Komödien "Oui" (1994) und "Le déménagement" (1997). Mit "Liebe auf den sexten Blick" gelang Dany Boon ein erster Kinoerfolg, der seiner Laufbahn als Schauspieler den notwendigen Antrieb gab. Trotzdem zog er sich zunächst auf die Bühne zurück, wo er mit "Dany Boon à s'baraque et en ch'ti" zu sehen war. Das Besondere an diesem Programm: Die gesamte Show präsentierte er auf Sch'ti und war somit schwer verständlich für die meisten Franzosen. Darüber hinaus brachte er sein erstes Theaterstück "La Vie de Chantier" auf die Bühne. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau, der Schauspielerin und Schriftstellerin Judith Godrèche, heiratete er 2003 Yael Harris und konvertierte zum Judentum.
2004 kehrte er auf den Bildschirm zurück. Er übernahm Synchronisationsangebote und spielte gemeinsam mit Michèle Laroque in der Komödie "Pédale dure". Ein Jahr später übernahm er eine Rolle in dem Oscar-nominierten Drama "Merry Christmas" neben Daniel Brühl und Diane Kruger. Sein Talent, sich für kleine und feine Filme zu entscheiden, bewies er einmal mehr mit "Mein bester Freund" (2006). Als Taxifahrer bildet er in der liebenswerten Komödie über einen Workoholic, der in eine Sinn- und Identitätskrise gerät, den idealen Gegenpart zu Daniel Auteuil. Darüber hinaus brachte er sein erstes Bühnenstück "La Vie de Chantier" auf den Bildschirm. Die Fernsehadaption "La maison du bonheur" schauten 1,5 Millionen Zuschauer und untermauerten einmal mehr Dany Boons Händchen für Erfolge. Seine zweite Regiearbeit "Willkommen bei den Sch'tis" widmete er seiner Mutter und verstand das Werk gleichzeitig auch als eine Hommage an all die missverstandenen Menschen im Norden Frankreichs - in Pas-de-Calais und Somme - wo der Film bereits eine Woche vor dem nationalen Kinostart gezeigt wurde. Bereits in dieser ersten Woche brach er alle Rekorde. Mehr als 5 Millionen Zuschauer in den ersten sieben Tagen, nach vier Wochen mehr als 15 Millionen. Schließlich verdrängte "Willkommen bei den Sch'tis" den bis dahin erfolgreichsten französischen Film "Die große Sause" (1966) auf Platz zwei der ewigen Bestenliste.
Erneut kehrte Dany Boon, trotz des Leinwanderfolges, auf die Bühne zurück. Er präsentierte eine neue Adaption von "Le Dîner de cons" am Théâtre de la Porte-Saint-Martin. 2009 kam mit "Affären à la Carte" ein lockerer Spaß in die Kinos, der sehr an Werke von Woody Allen erinnert. Dany Boon, in der Rolle des Piotr, überzeugt hier ebenso wie das restliche Ensemble. Neben den starken Darstellern sorgte auch das gelungene Drehbuch zwischen Tragik und Komik für optimale Unterhaltung. Nicht ganz so überzeugend war die nichtssagende Rollentausch-Komödie "Auf der anderen Seite des Bettes" (2009) für die Dany Boon gemeinsam mit Sophie Marceau vor der Kamera stand. Ein weiterer Erfolg für den sympathischen Schauspieler und Komödianten wurde Jean-Pierre Jeunets Absurditäten-Kabinett "Micmacs - Uns gehört Paris!". Die Komödie, die durch ihre eigene Welt, voller skurriler Typen, verrückter Ideen und schier unglaublich schrägen Details besticht, ist fast schon magisches Kino: tolle Bilder, eine liebevolle wie poetische Geschichte über das Schicksal und wie man ihm ein Schnippchen schlägt. Im Mittelpunkt der Videothek-Betreiber Bazil, wunderbar verkörpert von Dany Boon, der mit einer Kugel im Kopf leben muss, auf der Straße landet und schließlich einen persönlichen Rachefeldzug gegen die Waffenindustrie führt. Doch wer Dany Boons Standardhumor in diesem Film erwartet, der wird enttäuscht sein. Der Film lebt von dem Kunstverständnis des Regisseurs und ist definitiv kein heiteres Popcorn-Kino und weit weg vom Humor à la "Willkommen bei den Sch'tis".
Weitere Filme und Serien mit Dany Boon: "La flache", "Navarro" (TV-Serie, beide 1995), "Paroles d'hommes", "Amour, travail, santé..." (beide 1997), "La vie de chantier" (2004), "The Magic Roundabout" (Sprecher, 2005), "La doublure" (2006), "Asterix bei den Olympischen Spielen" (2007), "Mia et le Migou" (Sprecher, 2008), "Nichts zu verzollen" (2011), "Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät", "Der Nächste, bitte!" (beide 2012), "Super-Hypochonder" (2013).